Oyo ist der Ort des Präsidenten, hier wurde er geboren. Wie es sich für
einen anständigen Präsidenten gehört, kümmert er sich um seine Heimat
und deswegen hat Oyo eine deutlich bessere Infrastruktur, bessere
Strassen, Schulen, Verwaltungsgebäude als andere Orte in dieser
Größenklasse (etwa 10 000 Einwohner) und sogar bald ein Krankenhaus. Oyo
ist auch durch eine zwar schmale, aber sehr gute Teerstrasse mit
Brazzaville verbunden, so dauerte die Busreise für die 400 Kilometer
gerade mal 5 Stunden.
In RC sind die Menschen sehr freundlich gegenüber Fremden, allerdings
rechnet keiner damit, dass es sich bei mir um eine Touristin handelt.
Wenn hier Weiße auftauchen, dann meist geschäftlich.
 |
Oyo, Republik Kongo |
Was in Ostafrika die Mzungu war, ist hier die Mundele (Weiße),
allerdings haben mich die Kinder hier anfangs verblüfft, als sie mich
Chinoise genannt haben, also Chinesin. Das klärte sich aber auch bald –
wie in vielen anderen Ländern Afrikas sind auch hier viele Chinesen im
Straßenbau beschäftigt. Die Kinder machen ganz offensichtlich keinen
Unterschied zwischen Fremden aus Asien und Europa, ich bin definitiv
nicht schwarz, also muss ich Chinesin sein. Ist doch klar!
 |
Oyo, Republik Kongo |
Gleich an meinem ersten Tag in Oyo habe ich per Motorradtaxi die
wichtigsten Dinge besichtigt: Das Haus des Präsidenten, die Unterkünfte
für die große Familie des Präsidenten, den Friedhof, wo die
Lieblingstochter des Präsidenten und Gattin von Gabons Präsidenten Bongo
bestattet ist, die Unterkünfte für die Minister des Präsidenten… Man
sieht schon an dieser Aufzählung, es ist die Stadt des Präsidenten. Und
die Einheimischen sind stolz darauf.
Zwischen all den hochherrschaftlichen Gebäuden gibt es durchaus auch
Platz für normale Bürger. In Oyo gibt es einen relativ großen, gut
organisierten Markt, einen Hafen für Fracht- und Passagierschiffe, ein
paar Supermärkte, die vor allem von Libanesen und Mauretaniern geführt
werden, und ganz wichtig: eine Hähnchenbraterei, wo der halbe Gockel
gerade mal gut 3 US kostet!
Derzeit werden fleißig die wichtigsten Straßen um den Präsidentenpalast
asphaltiert, weil Mitte März hier ein großes Fest mit vielen
afrikanischen Präsidenten und allen verfügbaren Ministern stattfinden
wird. Vom Staub und Lärm mal abgesehen, hat ein Großteil der Bewohner
seit Wochen kein fließendes Wasser und seit mehreren Tagen auch keinen
Strom, weil beides im Zuge der Arbeiten aus Sicherheitsgründen
abgestellt wurde.
 |
Frisörsalon Oyo, Republik Kongo |
Das betraf auch mein Hotel, aber man kann sich ja mit Eimerduschen und
Kerzen behelfen. Allerdings war es nachts mit 30 Grad unangenehm warm in
den Zimmern ohne Ventilator…. Ich bin zwar schon etwas afrikanisiert,
was Temperaturen angeht, aber das war dann doch zu viel, alles über 27
Grad zum Schlafen ist wirklich etwas unangenehm…
Eigentlich wollte ich in Oyo nur eine Nacht bleiben, letztendlich waren
es drei. Der Grund war etwas bizarr, weil ich am ersten Abend bestohlen
wurde – und das von einem jungen Mann, der anfangs einen ganz netten
und normalen Eindruck machte. Wir besuchten seine Familie und Freunde
und tauschten Telefonnummern aus, als wir gemeinsam in einem kleinen
Einheimischenlokal saßen. Als ich dort kurz auf die Toilette wollte,
habe ich ihn gebeten, auf meinen Rucksack aufzupassen. Gepäck nimmt man
auf afrikanische Toiletten besser nicht mit… Kurz darauf begleitete er
mich zum Hotel zurück, was gut war, denn es war zappenduster und es gab
ja auch keinen Strom, die Strassen waren überall aufgerissen mit
Riesenlöchern… Dass die Kamera fehlt, merkte ich erst am folgenden
Morgen beim Packen!
 |
Oyo, Republik Kongo |
Ich hatte ja die Telefonnummer, suchte meine kümmerlichen
Französischkenntnisse zusammen und rief ihn an. Er behauptete, er hätte
die Kamera nicht und sei außerdem momentan gar nicht in Oyo. Ich machte
ihm in drastischen Worten klar, dass ich ihn in dem 10 000 Seelen Ort
fertigmache, wenn er die Kamera nicht rausrückt.
Gemeinsam mit ein paar Hotelangestellten, einigen Nachbarn und
sonstigen Interessierten (endlich mal was los in Oyo) habe ich zuerst
die Polizei aufgesucht, dann das Militär. Danach schwärmten alle, die
helfen wollten (und das waren viele) aus und erzählten jedem auf der
Strasse, wen wir suchen und warum… Es dauerte nur bis zum frühen
Nachmittag, da hatte der Typ kalte Füße bekommen und beauftragte einen
Buben, die Kamera zum Hotel zu bringen…
 |
Mariette, Oyo, Republik Kongo |
Natürlich war ich durch diese Aktion in Oyo nun noch bekannter als
sowieso schon als Mundele-Touristin oder Chinesin oder was auch immer!
Die Verzögerung hatte viele positive Seiten. Zum einen lernte ich
Tayssir, einen Libanesen, Hotelier und Restaurantbetreiber kennen und
zog nach der zweiten Nacht zu ihm um, weil er mir das Zimmer für eine
Sonderrate anbot.
Außerdem lernte ich eine total liebenswerte Einheimische kennen,
Mariette. Wir hatten viel Spaß miteinander auf dem Markt, beim
Schneider, oder wenn ich mich beim Stampfen von Gewürzen und
Palmfrüchten bei ihr zuhause versuchte… Ich wusste schon immer, dass ich
fürs Kochen nicht geeignet bin, aber dass ich sogar beim Stampfen total
versage…