Freitag, 30. Dezember 2011

Heiliges Allahabad...

Mein nächstes Ziel war Allahabad. Mit dem Bus waren wir in fünf Stunden da. In Allahabad findet alle zwölf Jahre die Kumbh Mela statt – ein religiöses Massenereignis, bei dem mehr als 100 Millionen Menschen gleichzeitig am Zusammenfluss von Yamuna, Ganges und dem mystischen Saraswati ein Bad nehmen. Alle sechs Jahre findet eine kleinere Mela statt, da kommen dann nur 70 Millionen Gläubige. Und jedes Jahr im Januar die "normale" jährliche Mela.
Man sollte also meinen, dass es sich bei Allahabad um einen sehr heiligen Ort handelt, zumindest um den Fluss herum…
Reisen Indien Allahabad
Sangam, Allahabad
Der erste Tag in Allahabad war einer von denen, an denen man am besten erst gar nicht aufgestanden wäre… Angefangen hat alles am Bahnhof. Hier wollte ich mich nur nach Zügen nach Varanasi erkundigen. Der zuständige Schalter war nicht besetzt, zumindest nicht von einem Menschen. Statt dessen saß mitten auf dem Tisch eine riesige Maus (Ratte?). Ich schaute also rein, diese Vieh raus… Nach ein paar Minuten kam die zuständige Dame, fegte die Maus vom Tisch und sagte nur "No train to Varanasi". Natürlich blanker Unsinn, es gibt jeden Tag 10 oder mehr Züge nach Varanasi. Halt wieder mal jemand mit Null Bock auf irgendwas und schon gleich gar nicht auf lästige Touristen, die bloß depperte Fragen stellen. Leider ist Allahabad nicht sehr auf Touristen eingestellt und die Anzeigetafeln sind alle nur auf Hindi…
Aber immerhin gibt es auch hilfsbereite Menschen, die einem das übersetzen. Jedenfalls stellte sich heraus, dass die Züge alle derart verspätet sind, so dass der Bus die bessere Alternative war….
Während dieser ganzen Aktion habe ich festgestellt, dass mein Handy nicht mehr funktioniert. Langer Rede kurzer Sinn – in Indien ist es Ausländern nicht erlaubt, indische Simcards zu kaufen. Warum das so ist, konnte mir noch niemand erklären…. Wie auch immer, wenn die Telefongesellschaft feststellt, dass ein Ausländer eine solche Karte hat, kappt sie kurzerhand die Verbindung. Na toll, also musste eine neue Simcard her… Die Inder lieben Papierkram und deswegen dauert so was gerne mal 2,5 Stunden… Immerhin war ich im richtigen Shop mit netten Angestellten und einem Chef, der sich angestrengt um meinen Fall kümmerte. Auch später, wenn ich in der Nähe des Ladens war, habe ich immer auf einen Sprung dort rein geschaut.

Reisen Indien Allahabad
Sangam, Allahabad
Aber der miese Tag war noch nicht zu Ende. Mittags habe ich mich dann auf den Weg zum Sangam gemacht, eben dem Zusammenfluss der zwei realen Flüsse Ganges und Yamuna und dem mystischen Fluss Saraswati. Ich hatte irgendwas spirituelles und angenehmes erwartet. Tja, Erwartungen sollte man in Indien nicht zu hoch schrauben. Zum einen war am Sangam die absolute Baustelle. Es wurde gerade alles hergerichtet für die jährliche Mela im Januar. Alles war voller Staub. Dann gab es viele kleine Geschäfte – und die Verkäufer waren absolut lästige Zeitgenossen. Dann jede Menge Bettler, die einen gerne am Ärmel oder am Hosenbein zupfen, und nach dem hundertsten Mal fährt auch der freundlichste Indientourist irgendwann aus der Haut.
Natürlich gab's auch jede Menge Boote, mit denen man sich direkt an den Zusammenfluss der beiden Gigantenströme rudern lassen kann. Ein Irrtum, wer nun meint, dass man so dem Irrsinn entfliehen kann. Da geht's nämlich munter weiter – Priester veranstalten auf fest vertäuten Booten Pujas (Zeremonien), für die sie dann ein Heidengeld wollen.
Reisen Indien Allahabad
Sangam, Allahabad
In der Nähe des Sangam gibt es einen unterirdischen Tempel. Also dorthin – der Tempel war toll, mit jede Menge Gottheiten drin, leider auch an jeder Statue irgendwelche Priester, die Donations wollten.
Es blieb nichts anderes übrig, dem Irrsinn konnte man nur entfliehen, indem man Sangam insgesamt einfach links liegen lässt und woanders hingeht. Auf dem Weg zurück zur Straße bedrängte mich ein Motorradfahrer derart von rechts, dass ich schnell nach links ausweichen musste… Tja, und das schätzte der dicke Wasserbüffel zu meiner Linken nicht… Der haute mir prompt mit dem Horn auf den Arm – Resultat: ein 10 Zentimeter langer blauer Fleck, der höllisch weh tut.

Reisen Indien Allahabad
Allahabad
Was für ein Tag. Bleibt nur noch ins Bett gehen und sich ja nicht mehr auf die Straße wagen….
Zur Ehrenrettung von Allahabad muss ich doch noch anmerken, dass der zweite Tag gleich viel besser war. Zuerst habe ich das Haus der Familie Nehru besucht. Das ist jetzt ein gut gemachtes Museum in einem netten kleinen Park. Ausgestellt sind Fotos, Möbel, Bücher und persönliche Gegenstände der Nehru-Familie, z.B ihr erster elektrischer Toaster ..
Noch größer ist das Allahabad-Museum. Hier gibt es alles von Töpferwaren aus vorchristlicher Zeit über Skulturen aus verschiedensten Epochen bis hin zu ausgestopften Tieren, Miniaturmalereien und modernen Gemälden (die sind allerdings etwas gewöhnungsbedürftig). Ganz am anderen Ende der Stadt, dafür aber nahe bei meinem Hotel, sind die Mogulgräber. Insgesamt vier Stück, die alle unterschiedlich aussehen , in einem grossen Park. Na also, geht doch, auch in Allahabad kann man Sachen anschauen, ohne dass man ständig das Gefühl hat, alle Inder sofort an die Wand pappen zu müssen…
Noch ein Wort zu meinem Hotel in Allahabad – ein extrem altes tattriges Gebäude mit elektrischen Leitungen, dass es sogar mir als Laien ganz anders wurde. Früher waren das die Kamelställe. Während der Kolonialzeit wurde ein indischer Adeliger von den Engländern nicht ins mondäne englische Hotel gelassen, also hat er sich selbst eines gebaut.
Und offensichtlich wurde seitdem an diesem Gebäude nicht mehr allzu viel verändert…