Donnerstag, 11. Februar 2010

Oyo und der dumme Dieb!

Oyo ist der Ort des Präsidenten, hier wurde er geboren. Wie es sich für einen anständigen Präsidenten gehört, kümmert er sich um seine Heimat und deswegen hat Oyo eine deutlich bessere Infrastruktur, bessere Strassen, Schulen, Verwaltungsgebäude als andere Orte in dieser Größenklasse (etwa 10 000 Einwohner) und sogar bald ein Krankenhaus. Oyo ist auch durch eine zwar schmale, aber sehr gute Teerstrasse mit Brazzaville verbunden, so dauerte die Busreise für die 400 Kilometer gerade mal 5 Stunden.
In RC sind die Menschen sehr freundlich gegenüber Fremden, allerdings rechnet keiner damit, dass es sich bei mir um eine Touristin handelt. Wenn hier Weiße auftauchen, dann meist geschäftlich.

Oyo, Republik Kongo
Was in Ostafrika die Mzungu war, ist hier die Mundele (Weiße), allerdings haben mich die Kinder hier anfangs verblüfft, als sie mich Chinoise genannt haben, also Chinesin. Das klärte sich aber auch bald – wie in vielen anderen Ländern Afrikas sind auch hier viele Chinesen im Straßenbau beschäftigt. Die Kinder machen ganz offensichtlich keinen Unterschied zwischen Fremden aus Asien und Europa, ich bin definitiv nicht schwarz, also muss ich Chinesin sein. Ist doch klar!

Oyo, Republik Kongo
Gleich an meinem ersten Tag in Oyo habe ich per Motorradtaxi die wichtigsten Dinge besichtigt: Das Haus des Präsidenten, die Unterkünfte für die große Familie des Präsidenten, den Friedhof, wo die Lieblingstochter des Präsidenten und Gattin von Gabons Präsidenten Bongo bestattet ist, die Unterkünfte für die Minister des Präsidenten… Man sieht schon an dieser Aufzählung, es ist die Stadt des Präsidenten. Und die Einheimischen sind stolz darauf.

Zwischen all den hochherrschaftlichen Gebäuden gibt es durchaus auch Platz für normale Bürger. In Oyo gibt es einen relativ großen, gut organisierten Markt, einen Hafen für Fracht- und Passagierschiffe, ein paar Supermärkte, die vor allem von Libanesen und Mauretaniern geführt werden, und ganz wichtig: eine Hähnchenbraterei, wo der halbe Gockel gerade mal gut 3 US kostet!

Derzeit werden fleißig die wichtigsten Straßen um den Präsidentenpalast asphaltiert, weil Mitte März hier ein großes Fest mit vielen afrikanischen Präsidenten und allen verfügbaren Ministern stattfinden wird. Vom Staub und Lärm mal abgesehen, hat ein Großteil der Bewohner seit Wochen kein fließendes Wasser und seit mehreren Tagen auch keinen Strom, weil beides im Zuge der Arbeiten aus Sicherheitsgründen abgestellt wurde.

Frisörsalon Oyo, Republik Kongo
Das betraf auch mein Hotel, aber man kann sich ja mit Eimerduschen und Kerzen behelfen. Allerdings war es nachts mit 30 Grad unangenehm warm in den Zimmern ohne Ventilator…. Ich bin zwar schon etwas afrikanisiert, was Temperaturen angeht, aber das war dann doch zu viel, alles über 27 Grad zum Schlafen ist wirklich etwas unangenehm…

Eigentlich wollte ich in Oyo nur eine Nacht bleiben, letztendlich waren es drei. Der Grund war etwas bizarr, weil ich am ersten Abend bestohlen wurde – und das von einem jungen Mann, der anfangs einen ganz netten und normalen Eindruck machte. Wir besuchten seine Familie und Freunde und tauschten Telefonnummern aus, als wir gemeinsam in einem kleinen Einheimischenlokal saßen. Als ich dort kurz auf die Toilette wollte, habe ich ihn gebeten, auf meinen Rucksack aufzupassen. Gepäck nimmt man auf afrikanische Toiletten besser nicht mit… Kurz darauf begleitete er mich zum Hotel zurück, was gut war, denn es war zappenduster und es gab ja auch keinen Strom, die Strassen waren überall aufgerissen mit Riesenlöchern… Dass die Kamera fehlt, merkte ich erst am folgenden Morgen beim Packen!

Reisen Afrika Republik Kongo Oyo
Oyo, Republik Kongo
Ich hatte ja die Telefonnummer, suchte meine kümmerlichen Französischkenntnisse zusammen und rief ihn an. Er behauptete, er hätte die Kamera nicht und sei außerdem momentan gar nicht in Oyo. Ich machte ihm in drastischen Worten klar, dass ich ihn in dem 10 000 Seelen Ort fertigmache, wenn er die Kamera nicht rausrückt.

Gemeinsam mit ein paar Hotelangestellten, einigen Nachbarn und sonstigen Interessierten (endlich mal was los in Oyo) habe ich zuerst die Polizei aufgesucht, dann das Militär. Danach schwärmten alle, die helfen wollten (und das waren viele) aus und erzählten jedem auf der Strasse, wen wir suchen und warum… Es dauerte nur bis zum frühen Nachmittag, da hatte der Typ kalte Füße bekommen und beauftragte einen Buben, die Kamera zum Hotel zu bringen…

Reisen Afrika Republik Kongo Oyo
Mariette, Oyo, Republik Kongo
Natürlich war ich durch diese Aktion in Oyo nun noch bekannter als sowieso schon als Mundele-Touristin oder Chinesin oder was auch immer!  Die Verzögerung hatte viele positive Seiten. Zum einen lernte ich Tayssir, einen Libanesen, Hotelier und Restaurantbetreiber kennen und zog nach der zweiten Nacht zu ihm um, weil er mir das Zimmer für eine Sonderrate anbot.
Außerdem lernte ich eine total liebenswerte Einheimische kennen, Mariette. Wir hatten viel Spaß miteinander auf dem Markt, beim Schneider, oder wenn ich mich beim Stampfen von Gewürzen und Palmfrüchten bei ihr zuhause versuchte… Ich wusste schon immer, dass ich fürs Kochen nicht geeignet bin, aber dass ich sogar beim Stampfen total versage…