Am Folgetag machte ich mich gemeinsam mit Vandi, dem Rezeptionisten vom
Hotel, auf den Weg nach Rhumsiki. Zuerst geht es der Teerstrasse
entlang bis nach Mokolo, der einzige größere Ort in dieser Gegend. Hier
endet die Teerstrasse. In die Mandaraberge führen nur extrem staubige
und steinige Wege, die sporadisch von Minibussen befahren werden.
Natürlich gibt es zusätzlich die obligatorischen Motorradtaxis, die
wie die Irren komplett überladen über Stock und Stein rasen. Es ist
durchaus eine Erfahrung und einen halbwegs ausgefransten Hintern wert,
die 55 Kilometer bis Rhumsiki mit dem Motorrad zu fahren. Staub von
unten vom Weg, Staub von oben durch den Harmattan, von der Seite durch
entgegenkommende Autos und Lastwägen, Staub von allen Seiten. Ein
Tourenrucksack schockt einen solchen Motorradtaxifahrer natürlich nicht,
der wird einfach auf den Lenker gelegt und los gehts….
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Rhumsiki, Kamerun |
Nach 2,5 Stunden kamen wir in Rhumsiki an, einem Dorf inmitten einer
absolut spektakulären Szenerie. Kantige Felsen ragen überall hervor, die
weiter entfernten konnte man wegen des Harmatten nur erahnen. Ingesamt
trug aber genau das zu einer absolut unwirklichen Stimmung bei, in der
man sich selbst komplett winzig vorkommt…
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Rhumsiki, Kamerun |
Rhumsiki ist eines der größeren Dörfer hier in der Gegend, in dem
etwa 4200 Menschen wohnen. Die Menschen leben vor allem von der
Landwirtschaft, aber auch zunehmend vom Tourismus. Derzeit ist hier
anscheinend deutlich mehr los. Viele Touristen kommen hierher zum
Trekking, sei es zu Fuß oder per Pferd. Dann gibt es wohl immer wieder
Kletterer, die sich an den steil aufragenden Felsen versuchen.
Mit Costa, einem sehr jungen Führer, machte ich mich auf den Weg, um
den Ort und den Markt zu erkunden. Die Menschen hier gehören ganz
unterschiedlichen Religionen an – es gibt Christen, Moslems und
Animisten. Alle leben friedlich neben- und miteinander. Tatsächlich
miteinander, denn Ehen zwischen den Religionen sind durchaus üblich und
kein Problem, die Kinder haben dann grundsätzlich die Religion des
Vaters.
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Hochzeit Rhumsiki, Kamerun |
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Hochzeit Rhumsiki, Kamerun |
Am Spätnachmittag machten Vandi und ich uns auf den Weg zur Hochzeit
von Vandis Cousin. Er heiratete seine vierte Frau! Die Bräute werden vom
Vater bezahlt, das sind normalerweise drei Kühe oder deren Gegenwert in
Geld. So kann ein Mann so viele Frauen heiraten, wie er möchte, solange
er das Geld dazu hat, die Hochzeit bezahlen kann und allen Frauen das
gleiche bieten kann. Dass es dieses System im Islam gibt, ist ja
bekannt, neu war mir, dass es auch bei den Animisten genauso ist. Hier
handelte es sich um eine animistische Hochzeit mit traditioneller Musik,
Tanz und Geldgeschenken. All das auf offenem Feld mit sehr vielen
Zaungästen, die zum einen einfach nur zuschauten (endlich mal was los),
zum anderen versuchten, den einen oder anderen fliegenden Geldschein zu
ergattern….
Fototechnisch war das natürlich die Gelegenheit, Männer, Frauen und
Kinder in ihren traditionellen Gewändern zu fotografieren. Eine
einmalige tolle Erfahrung und ich habe mich riesig gefreut, dass ich
hier dabei sein konnte.
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Krabbenfetischeur, Rhumsiki, Kamerun |
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Krabbenfetischeur, Rhumsiki, Kamerun |
Im Dorf selbst gibt es einen Fetischeur, der von den animistischen
Bewohnern kontaktiert wird, wenn es irgendwelche Probleme gibt oder wenn
man dringend einen Rat braucht. Dieser Fetischeur hat eine Krabbe, mit
deren Hilfe er die Zukunft voraussagt. Die Krabbe wird in eine Kalebasse
mit Sand und Wasser gesetzt, die Kalebasse wird zugedeckt. Je nachdem,
wo sich die Krabbe nach einigen Minuten aufhält, gibt es bereits
Aufschluss über die Antwort auf brennende Fragen. Ich hatte die Krabbe
gefragt, ob die restliche Reise gut über die Bühne gehen wird oder ob
ich irgendwo besonders aufpassen muss. Der Fetischeur musste dann
nochmal mit der Krabbe sprechen, weil sie nicht eindeutig positioniert
saß, aber die restliche Reise wird ohne Probleme verlaufen, wenn auch
manchmal ein bisschen schwierig.
Aha, Nigeria?
Schon interessant!
Am nächsten Tag haben Vandi und ich ein Motorrad ausgeliehen und sind
zu einem kleinen Markt in Sir gefahren. Der Weg dorthin war ein
besserer Trampelpfad, es ging buchstäblich über Stock und Stein, aber
der kleine Markt war gleich noch viel besser als der große in Rhumsiki.
Hierher kommen so gut wie keine Touristen und kaum jemand fragt nach
Geld, Bonbons oder Geschenken.
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Markt Sir, Kamerun |
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Buschratte, gegrillt, Sir, Kamerun |
Am Nachmittag fuhren wir in die andere Richtung, den kranken Großvater
besuchen. Der lebt auf der anderen Seite der Grenze in Nigeria. Ein
ausgetrockneter Bach "markiert" die Grenze. Der über 80jährige Großvater
war in der Nacht gestürzt und hat sich böse verletzt, aber Gott sei
Dank nichts gebrochen. Das alles ließen wir von einem Arzt feststellen,
der auch gleich ein Rezept für Medizin aufschrieb. Ich selbst war
derweil bei den Frauen des Hauses, es gab getrocknete kirschenähnliche
Früchte, die, welch Wunder, ein bisschen staubig waren, und leicht
säuerlich schmeckten.
Nach vielen weiteren Besuchen bei Cousinen, Onkeln, Tanten oder einfach Freunden machten wir uns auf den Rückweg nach Rhumsiki.
Abends wartete dann schon das gebratene Huhn auf uns, das wir vom Markt in Sir mitgebracht hatten.
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Markt, Sir, Kamerun |
Nach zwei Tagen in den Bergen machten wir uns per Motorrad und
Minibus wieder auf den Rückweg nach Maroua. Hier gibt es neben dem
großen Markt ein Museum und einen Künstlermarkt. Also gibt es genug zu
tun, ohne dass es langweilig wird.
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Sahelzone, Kamerun |