Freitag, 19. September 2025

Die Benje Thermalquellen – zwischen Naturidyll und Massentourismus

Steinbruecke von Kadiut, Benje, Albanien

Wer Albanien bereist, stolpert früher oder später über Bilder der Benje Thermalquellen bei Përmet: türkisblaues Wasser, dampfende Becken, eingerahmt von Bergen – und mittendrin die osmanische Steinbrücke, die fast märchenhaft über den Fluss ragt. Ein Ort, der lange als Geheimtipp galt und für viele das Sinnbild unberührter Natur war.
Benje, Albanien

Die Realität sieht inzwischen leider anders aus. Was früher ein ruhiger Ort zum Entspannen war, ist heute ein überlaufener Hotspot. Tagsüber wimmelt es von Autos, Bussen und Menschenmengen, die in die kleinen Naturbecken drängen. Der Zauber, den Fotos im Internet noch versprechen, verliert sich im Stimmengewirr, Selfie-Sticks und Plastikflaschen am Rand.



Besonders die berühmte Steinbrücke von Kadiut, ein Relikt osmanischer Baukunst, leidet. Sie wird von Besuchern ständig betreten, als Kulisse für Fotos genutzt und ist der Erosion ohne Schutzmaßnahmen ausgesetzt. Statt ein sorgfältig bewahrtes Kulturgut zu sein, wirkt sie zunehmend wie eine Staffage im touristischen Trubel.

Gelaende fuer Souvenirs und mehr...

Noch besorgniserregender sind die jüngsten Entwicklungen: Ein riesiger Parkplatz ist bereits angelegt, angrenzende Flächen wurden planiert. Alles deutet darauf hin, dass hier bald Restaurants, Souvenirstände und möglicherweise sogar Unterkünfte entstehen. Was nach touristischer Infrastruktur klingt, bedeutet zugleich das Ende der natürlichen Stille, die diesen Ort einst besonders machte.



Natürlich ist es verständlich, dass Albanien seine Attraktionen für Reisende zugänglich machen möchte – gerade in einer Region, die wirtschaftlich davon profitiert. Doch ohne nachhaltige Planung droht ausgerechnet das verloren zu gehen, was die Benje Thermalquellen einzigartig machte: Authentizität, Ruhe und ein Gefühl von Unberührtheit.

Steinbruecke von Kadiut, Benje, Albanien

Memo House, Këlcyrë, Albanien
Umso schöner war dafür die Übernachtung im kleinen Ort Këlcyrë, nur wenige Kilometer entfernt und vollkommen untouristisch. Ein sehr herzlicher Gastgeber, der uns seinen eigenen Honig vorbei gebracht hat, im Restaurant um die Ecke gegrilltes Hähnchen vom Rost und ein ganzer Topf voll frischem Salat – mehr braucht es nicht, um die Welt wieder in Ordnung zu bringen. Hier spürt man noch die albanische Gastfreundschaft, fernab vom touristischen Rummel.



Fazit: Wer die Quellen besuchen möchte, sollte sich auf Gedränge und Kommerz einstellen – oder besser: nach Alternativen Ausschau halten. Albanien bietet unzählige verborgene Naturjuwele, die (noch) nicht auf den Radaren der Massen angekommen sind. Und wer echte Ruhe und Gastfreundschaft sucht, findet sie oft genau dort, wo man es am wenigsten erwartet – wie in Këlcyrë.

Restaurant in Këlcyrë, Albanien